Von Eisenhüttenstadt durch die Ukraine nach Artemovsk

  • Reiseeindrücke - Ukraine


    4500 km Abenteuerfahrt mit dem PKW von Eisenhüttenstadt durch die Ukraine nach Artemivsk (Artjemowsk), Oblast Donezk, Donbass (Donezbecken)



    1. Reiseziel und Anlass


    Am Freitag, dem 3.4.09 starteten wir, meine Frau (47), und die Freundin unseres Sohnes Felix (21) und ich selbst (62) zu dritt in die Ukraine. Unser Ziel war das 2100 km entfernt liegende Artemivsk (Artjemowsk) im Donbass, Oblast Donezk, wo Felix derzeit ein freiwilliges EU-Praktikum absolviert.


    Er wollte vor Beginn seines Studiums u. a. Land und Leute im Osten Europas studieren und richtig russisch lernen. Er hat sein Abi 2007 mit Russisch als 2. Fremdsprache abgelegt. Nach dem Motto: Die Praxis ist durch nichts zu ersetzen.


    Eine Sprache erlernt man am besten auf den Kopfkissen der Töchter des Landes, empfahl bereits vor 250 Jahren ein großer deutscher Dichter.



    2. Reiserouten



    Als Fahrtroute hatten wir zwei unterschiedliche Trassen geplant.


    Hinfahrt über Krakow – Lwow – Ternopil – Chmelnizki - Winniza – Uman – Kirowograd – Dnepropetrowsk – Artjemowsk.



    Rückreise über Charkow – Poltawa - Kiew – Shitomir – Rivne – Luzk – Cholm – Lublin – Lodz – Poznan – Frankfurt(Oder).


    Von den ukrainischen Städten hatte ich nur Kiew und Kirowograd während meines Studiums vor 25 Jahren kennen gelernt. Alles andere in diesem Land war uns weitgehend unbekannt. Als Voraussetzungen hatten wir ein intaktes Auto, Ford Focus, Bj.2003 und unsere Sprachkenntnisse, Russisch und Polnisch sowie den Willen bei Felix gut anzukommen.



    3. Grenzregime PL – UKR


    Als Grenzübergang hatten wir wegen der Nähe zu Lwow den Ort Przemysl (PL) ausgewählt. Nach 850 km Fahrt und einer Übernachtung in Polen wollten wir endlich in die Ukraine. Am Grenzübergang eine lange Schlange voller schwer beladener Autos , zumeist PKW und Kleintransporter. Das kann dauern. Nachfrage bei ukrainischen und polnischen Fahrern, die geduldig warteten, ergab, dass EU – Bürger ohne zu verzollende Waren vorfahren können. Was wir dann auch taten, aber keine Ausschilderung zeigt an wo es lang geht, einfach ein paar Pylonen beiseite gerückt und vor zum Grenzkontrolleur. Der verlangte zuerst ausgefüllte Fragebogen, die wir natürlich nicht hatten. Also musste jeder seinen Bogen ausfüllen in 2-facher Ausfertigung. Als Hilfe dazu dienet ein Tafel mit Schreibunterlage, denn das Formular war nur auf polnisch, ukrainisch, russisch und englisch. Wozu auch deutsch, hier kommt doch ohnehin kaum ein Deutscher vorbei. Soweit so gut, alles ausgefüllt in 2-facher Ausfertigung, mit der Passkontrolle alles i.O.. Wir konnten weiter zum Zöllner, aber wo ist die gültige grüne Karte für das Auto? Unsere war leider abgelaufen. Ein Tipp des Zöllners, gehen Sie eine Karte kaufen, im Objekt an der Seite, ein riesiges Grenzgebäude wie wir es aus Guben-Gubinek an der polnischen Grenze kennen. Die Nachfrage dort ergab, dass hier nur die Speditionen abgefertigt werden, es gibt keine grünen Karten. Die gibt es in einem Haus mit einem blauen Dach unweit (russ. nedaleko) von hier aber außerhalb der Kontrollstelle. Wir rein ins Auto und ab zu dem Haus mit dem blauen Dach. Am Ausgang der Kontrollstelle ein Posten, der uns nicht durchlässt, weil wir keinen Zollvermerk haben. Fein ausgedacht! Wieder zurück zum Zöllner, diesmal bin ich zum Nachbarn gegangen und habe ihm erklärt., dass wir nur noch die grüne Karte brauchen, alles andere ist bereits kontrolliert. Er gab seinen Stempel, nicht ohne nochmals alle Papiere gründlich zu kontrollieren, aber er unterschrieb und wir dürfen raus in die Ukraine. Endlich weiter, die Prozedur dauerte über 1 Std. Nun zum Haus mit dem blauen Dach, zwei mal rumgekurvt und dann gefunden. Dort saßen 5 – 6 gelangweilte Damen, bei Freizeitvergnügen (Stricken, Lesen und Plaudern) und fühlten sich gestört. Ich erklärte ihnen, dass wir nur eine grüne Karte brauchen und etwas Geld, ukrainische Griwna tauschen wollen und eine Toilette. Setzen Sie sich und bewahren sie Ruhe, es geht gleich los! Es klappte alles prima, die Karte für 30 Tage kostete 45 Griwna (4,50 €) und Geld gab es auch, zum Tageskurs von etwa 1:10. Das ganze dauerte wieder eine halbe Stunde.



    3. Fahrt durch die Ukraine bis zum Donbass(Hinfahrt)



    3.1 Zweiter Tag (04.04.09): Przemysl (PL) – Lwow – Winniza (ca. 380 km)



    Dann konnte es endlich losgehen. Endlich in der Ukraine. Tanken wollten wir erst in der nächsten größeren Stadt, Lwow, Der Liter VK 95 kostete nur 55 Cent.


    Was mir auffiel, war das erste Orteingangsschild in der Ukraine, es bedeutete auf deutsch Endstation II, es gab dann auch Endstation I, ein paar Werst weiter. Beide Orte, am Westrand der Ukraine, wie aus einem Roman von Scholochow.


    Bis Lwow sind es nur 70 km, wir wollten aber weiter kommen, vielleicht bis nach Winniza (ca. 430 km). Wir hatten uns vorgenommen, aus Sicherheitsgründen keine Nachtfahrten zu unternehmen, sondern uns ein Motel zu suchen wo wir uns ausschlafen konnten, für den nächsten anstrengenden Tag. Soweit alles klar, tanken kein Problem, bar oder EC-Karte, Kreditkarten nehmen nicht alle, sondern nur die großen Konzerne, die ständig online sind. Unsere Autokarte, extra bei Amazon bestellt, in russisch und ukrainisch ist nützlich, weil die Ausschilderung, besonders in den Städten manchmal zu wünschen übrig lässt.


    Das größte Problem, es sollte uns auf der gesamten Tour nach Artjemowsk begleiten, sind die Straßen selbst. Die gesamten 70 km auf der E 40 bis Lwow sind


    in einem katastrophalen Zustand, gemessen am Standard von Polen. Der LKW Transitverkehr hat alle Strassen in einen Flickenteppich mit vielen gefährlichen Schlaglöchern verwandelt. Die begrenzten Möglichkeiten des ukrainischen Staates, die Strasseninfrastruktur in Ordnung zu halten, werden wir noch kennen lernen.


    Besoners unangenehm war die Passage in Ternopil, einer Gebietshauptstadt zwischen Lwow und Chmelnitzki. Je weiter wir in die Stadt reinfuhren, desto schlechter wurden die Strassen. Dann war es ganz aus ,eine Umleitung ohne Ausschilderung und dazu im Berufsverkehr kostete Zeit und Nerven. Schließlich erreichten wir wieder unsere Strasse nach Osten, Chmelnitzki war das nächste Ziel.auf der E 50. Auch Ines, meine Frau muss jetzt fahren und wir erreichen abends gegen 20.30 h unser Tagesziel zwar nicht, haben aber ca. 50 km hinter Chmelnitzki ein Motel (BET) gefunden, wo wir übernachten konnten. Auto auf dem bewachten Hof abgestellt, dem Wächter eine kleine Prämie, zumeist 20,- Griwna, das hilft hier, sagte man uns. Ein Abendessen war angesagt und wir konnten aus einer reich-haltigen Speisekarte wählen, es schmeckte allen, auch Judith, die eigentlich vegetarisch isst, war zufrieden mit den ukrainischen Wareniki, (russ. Pelmeni). Das ganze Essen mit Getränken kostete uns 90,- Grn (9,-€) Die Übernachtung kostete 370 Grn.(37 €) für alle drei Personen in 2 komfortabel eingerichteten Zimmern.





  • 3.2 Dritter Tag: Winniza – Uman - Kirowograd – Oleksandrija –


    (05.04.09) Dnepropetrowsk- Pawlograd (ca. 700 km)




    Am nächsten Morgen ging es um 7.00 h weiter, ohne Frühstück, es war keiner da der Lust hatte, etwas zu machen. Der gelangweilte Kellner hatte mit dem TV-Musik-sender und in der Nase bohren seine Beschäftigung, wir waren ihm gleichgültig. So blieb es bei einem Tee in einem schönen Restaurant. Heute wollten wir über Winniza, Uman, Kirowograd bis nach Dnepropetrowsk kommen, ca 700 km. Zwischendurch hatten wir uns am Nachmittag in Kirowograd ein wunderschönes Restaurant (Kosaken – Einkehr) gesucht und prima gegessen, im feinen historischen Ambiente und mit Original ukrainischer Soljanka und Fisch vom Feinsten. Selbst die Bedienung war hübsch anzusehen, in ihren Trachten, freundlich und schnell. Schade, dass wir weiter mussten. Das Ganze kostete für 3 Personen 300,-Grn. (30,-€) Das schafften wir auch, trotz der wiederum schlechten Strassen. Auch Ines konnte jetzt ihre Fahrkünste wieder unter Beweis stellen und schlug sich tapfer. Unsere Judith wollten wir nicht dem Stress aussetzen und sie versorgte uns während der Fahrt prima mit Keksen und Wasser und probierte nebenbei ohne Kenntnisse der russischen Sprache Ortsschilder und Reklametafeln zu lesen, was im Laufe der Fahrt zunehmend besser gelang. Die junge Dame hatte schließlich ihr Abi fast geschafft, nur die Prüfungen standen noch bevor, da sollten doch die paar kyrillischen Buchstaben kein Hindernis sein.


    Schauderhaft war die Ortsdurchfahrt in Dnepropetrowsk, ich erwähne nur das extremste, wo selbst ein einheimischer Transporter Schwierigkeiten hatte, alle Hindernisse, Bordkanten quer zur Fahrtrichtung und eingebrochenen Strassenbahn-gleise, die bei uns eine sofortige Sperrung zur Folge hätten, zu überwinden. Nun war Ines wieder stolz auf ihren Ford, der alles klaglos überstand. Der Fahrer, diesmal war ich wieder dran, war genervt und es war fast dunkel und regnete, wir brauchten eine Unterkunft. Die fanden wir auch nach etwas Suche und Nachfrage an einer Tankstelle gegen 21.30h ca. 40 km Richtung Donezk in der Stadt Pawlograd.


    Die Stadt hat ca.120.000 Einw. Wie ich später erfuhr und ist ein Zentrum des Maschinenbaues. Ein feines Hotel in der Stadt mit bewachtem Parkplatz im Innenhof und Disco etc. Diesmal ging es gleich ins Bett, wir waren heute wirklich geschafft. Dort beeindruckte die diensthabende Chefin, 1,80m groß und die Figur einer Kugelstoßerin (Tamara Press) mit ihrer absoluten Souveränität. Sie schaffte es ihre Mitarbeiterinnen, die eigentlich schon den Tag beendet hatten, nochmals zu motivieren. Allerdings war hier im feinen Ambiente der Preis 4 mal so hoch wie im Motel BET, nämlich 35,-€ pro Zimmer mit Frühstück in guter Qualität.




    3.3 Vierter Tag: Pawlograd – Krasnoarmijsk – Konstantinowka - Artjemowsk


    (06.04.09)


    Nun sind es nur noch 200 km bis Artjemowsk, wenn wir die kürzeste Strecke nehmen


    und nicht über Donezk fahren. Wir entscheiden uns für die Landstrasse und es klappt gut. Ines fährt und wir kommen gut voran, abseits der großen Trassen. Wir fahren von Powlograd über Krasnoarmijsk, Konstantinowka nach Artjemowsk. Am Wegrand immer wieder Felder und Weiden und Bergwerksschächte mit den typischen Fördertürmen. Nach 3 Std. Fahrt treffen wir an der alten (sowjetischen) Orts-eingangsstele endlich ein und machen ein wichtiges Foto. Zu unseren Füßen liegt zwischen Hügeln, typisch für den gesamten Donbass, die Stadt Artjemowsk mit ca. 85.000 Einwohnern, verteilt auf 3 Stadtteile .Die Besiedlung ist verteilt über mehrere Hügel, so dass sie ein beträchtliches Territorium einnimmt. Die Stadt hat die größte Sektkellerei der Ukraine, wo vorwiegend Krimsekt verarbeitet wird, der auch bei uns gern getrunken wird. Weinanbau haben wir allerdings nicht gesehen. Es wurde uns gesagt, dass im Donbass jede Stadt mindestens einen Schacht hat, außer Artjemowsk. Dafür hat der Nachbarort Paraskowejewka gleich zwei Schächte. Die Industriestandorte machen nicht immer den besten Eindruck, wurden alle in der sowjetischen Zeit ohne Rücksichtnahme auf die Natur zum Zwecke der Förderung von Bodenschätzen für die sowjetische Industrie aus dem Boden gestampft. Auch die Namen der Städte verraten dazu etwas, wie Perwomaijsk (1.Mai-) oder Schachtjorsk (Bergarbeiter-) oder Krasnodon (Roter Don). Auch Artjemowsk ist nach einem Revolutionär aus der Zeit Lenins benannt, der nie in der Stadt lebte, aber erfolgreich an der Neuorganisation der Kohleförderung im Donbass in den Jahren nach dem Bürgerkrieg wirkte und dafür vom Politbüro geehrt wurde, aber leider erst nachdem er 1921 bei einem Unfall ums Leben kam.. Bis heute ist der jedoch Name erhalten, was in Stalinstadt nur bis 1961 der Fall war. Die Stadt nannte sich bis 1924 Bachmut, sicher ein Hinweis auf die Wein- und Sektkellerei.


    Dann in der Stadt am zentralen Platz mit Denkmälern von Artjom und Lenin vor einem riesigen Kulturhaus treffen wir endlich Felix. Die Freude ist groß auf beiden Seiten. Es gibt viel zu erzählen. Felix kam mit dem Trolleybus in die City, ein umweltfreundliches und strassenschonendes Verkehrsmittel, zudem noch sehr preiswert. Es ist Sonntag und in der Stadt ist es ruhig und relativ leer.


    Dann nehmen wir unser Quartier in Augenschein. Unser Junior hat uns für die Zeit eine Wohnung gemietet, die 300,-Grn (30,-€) kostet. Sie liegt in einem Wohngebiet, wo bereits mit der Sanierung begonnen wurde. Die Wohnung hat 2 Zimmer eine kleine Küche und ein Bad und ist in einem Top Zustand, auch für unsere Verhältnisse. Lediglich das Bad ist etwas antiquiert und die Toilette ist so klein, dass man beim Sitzen mit den Knien an die Tür stößt, Aber das halten wir aus für die 3 Tage. Unser Auto stellen wir auf einem bewachten Parkplatz ab, der in ca. 5 Minuten zu Fuß zu erreichen ist. Ich hielt es für zweckmäßig, dem Wächter gleich am ersten Tag ein kleines Trinkgeld (20 Grn.) zu geben. Unser Auto steht dort sicher behütet bis zur Rückfahrt am Mittwoch dem 8.4.09




    4.Unser Aufenthalt in Artjemowsk - Land und Leute
    Zentraler Platz in Artemovsk mit der Statue von Artjem.
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    Holzkirche in Svetagorsk
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    5.Rückreise


    6. Einige Ratschläge für abenteuerlustige Auto-Touristen




    -Fortsetzung folgt in Kürze-

    3 Mal editiert, zuletzt von AlfredS ()

  • Sehr informativer Reisebericht und sehr schön geschrieben!
    Macht richtig Spaß zu lesen und auch Lust auf Wegfahren!!


    Ich warte auf die Fortsetzung ...

  • ich warte auch auf die Fortsetzung.
    ist super geschreiben :thumbup:

  • Reiseeindrücke - Ukraine
    [b]4500 km Abenteuerfahrt mit dem PKW von Eisenhüttenstadt durch die Ukraine


    Leider hast Du bezüglich des Namens Deines Ausgangsortes uns unterschlagen ein paar Worte diesbezüglich zu sagen . .... die ja auch mal den des stählernen trug 8)


    Ansonsten :thumbup: , schreit das nach Fortsetzung !


    Gruß ! Robert

    Russen Forum


    Wo kämen wir hin ? - Ginge jemand hin !


    [ Um zu sehen wo wir hinkämen , wenn wir hingingen ............. ]

  • 5. Rückreise vom 08.bis 10.04.2009


    5.1 (1.Tag): Artjemowsk- Charkow - Poltawa- Lubny – Borispol - Kiew (ca.700km)


    Für die Rückfahrt hatten wir die E40 gewählt, weil wir sowohl bessere Strassen erwarteten und auch eine andere Landschaft kennen lernen wollten. Die Fahrt verlief bis auf zweimalige Begegnung mit der Miliz und die aufregende Stadtdurchfahrt durch die Hauptstadt Kiew eigentlich problemlos. Die E 40 ist mit der E50 durch Wolhynien nicht zu vergleichen, wir kommen gut voran und sind abends gegen 20.00h bereits hinter Kiew, Richtung Shitomir. Die Konzentration lässt nach den 1,5 h Stadtchaos Kiew, wir mussten durch die City, in der „rushour“ und es wird Zeit für eine Unterkunft. Nach mehreren verpassten Ausfahrten finden wir etwa 50 km außerhalb Kiews an der Trasse ein Schild mit Motel, aber wo ist das Motel. In einem Laden für Trucker gefragt: Gehen sie auf den Innenhof dort ist es. Na los, ich versuche es, dort stehen nur ein paar alte Holzbungalows und kein Mensch zu sehen. Schließlich finde ich die Rezeption und eine „Deshurnaja“ zeigt mir die Zimmer. Einfach schrecklich. So lebten die Bauarbeiter 1955 in Stalinstdt in den Wohnbaracken. Aber eine Rückfrage bei den Damen ergab, wir bleiben hier, weil wir alle todmüde sind. Gemeinschaftsdusche mit Truckern und Betten die sicher auch 50 Jahre alt sind, lassen dieses Motel für uns unvergesslich werden. Bei uns heißt es jetzt: wollen wir zurück in die Jugendherberge? Die Wände sind aus dünnen Span-platten und die Decke knarrt fürchterlich, wie in einem Spukschloss. Aber wir sind so müde und schlafen bis zum nächsten Morgen. Preis für die Übernachtung in der Wohnbaracke 270,- Grn (27,-€). plus 20,-Grn. für den Wächter in der Hütte (mit Hund), der wie sich herausstellte seinen Militärdienst in den 80-er Jahren bei der Roten Armee in der Garnison Eberswalde verbringen durfte, aber leider die Stadt nie zu sehen bekam, er war nur einfacher „mushik“.




    5.2 (2.Tag:) Kiew – Shitomir – Rivne – Luzk – Kovel – Jagodin - Chelm(PL) ca. 560 km


    Frühstück soll es um die Ecke geben aber dort ist heute „sanitarny djen“ also geschlossen. Das holten wir dann unterwegs an einer der vielen Tankstellen mit Bistro nach, wo wir prima und preiswert gefrühstückt haben. Reiche Auswahl an Tee und Speisen jeglicher Art, sogar mit Bild für die weniger Sprachkundigen oder misstrauischen Gäste. Auch der Cappucino war o.k und alle waren zufrieden. Die Bedienung jung, adrett und freundlich, aber das hängt auch wie überall auf der Welt vom Gast ab. Ich bemühe mich als älterer Herr freundlich zu sein und das hilft sehr oft und sorgt für eine entspannte Athmosphäre.


    Überhaupt ist es vielleicht wichtig zu erwähnen, dass ich russisch (dank des Studiums vor 25 Jahren in Moskau) nahezu perfekt und polnisch ganz ordentlich spreche. Damit war sowohl in der Westukraine, wo sie das russische nicht sehr mögen als auch in der Ostukraine eine Verständigung in allen Lebenslagen gegeben, Das Wörterbuch hatten wir zu Hause gelassen. Ich bin der Meinung, ohne solide Sprachkenntnisse wird die Reise, wie wir sie unternommen haben zur Tortur, wenn nicht unmöglich.


    Zu den Straßenverhältnissen bei der Rückfahrt habe ich festgestellt, dass die E40 bis auf wenige Abschnitte, in einem wesentlich besseren Zustand ist, als die E50 im Süden auf der Hinfahrt. Das erleichterte vieles und wir kamen auch an diesem Tag gut voran über Shitomir, Rivne, Luzk, Kowel bis nach Jagodin an der polnischen Grenze. Die Grenze ist der Fluss Bug.


    In Jagodin trafen wir um 16.45 OESZ ein, der Grenzübertritt nach Polen erfolgte exakt um 20.43 h MESZ , d.h. der Grenzaufenthalt dauerte auf beiden Seiten insgesamt 5 Std.(+1 Std. Zeitumstellung), viel Zeit um nachzudenken über die Reise, das Grenzregime an der EU-Außengrenze zu beobachten und Gespräche mit Polen und Ukrainern zu führen, die gleichfalls warten mussten. Deutsche haben wir nicht gesehen. Auf der Seite UKR dauerte es nicht lange, EU durfte wieder vorfahren, wie ist jedem überlassen, Frechheit siegt! Allerdings kannst du für 50,-€ ein VIP-Ticket kaufen und dann wirst du direkt ohne langes Warten abgefertigt sogar von einem Offizier.


    Es wird offensichtlich sehr viel geschmuggelt wegen der hohen Preisdifferenzen für Alkohol und Zigaretten, damals kostete in der Ukraine eine Stange Marlboro 35,- Grn.(3,50 €) und eine Flasche Markenwodka 25,-Grn.(2,50€). Deshalb werden alle Auotos untersucht und mit Hämmern und Lampen u.ä. Apparaturen auf Verstecke mit Schmuggelwaren überprüft. Das dauert. Trotzdem lohnt es sich für viele ukrainische und polnische Händler lange zu warten und ihre Schrottautos, zumeist alte Transporter, immer wieder in der Schlange in Gang zu bringen, was nicht immer ohne Muskelkraft gelang. Letztendlich kamen wir gut wieder zurück in ein EU-Land und durften nun unsere Griwna in Zloty rücktauschen. Das klappte auch an der auch überfüllten und engen Zufahrt auf polnischer Seite und wir konnten weiter rein nach Polen. Wir wollten hinter Chelm ein Motel suchen und uns für die letzte Etappe durch Polen gut aussschlafen.




    5.3 (3.Tag:) Chelm - Lublin – Lodz – Poznan - Frankfurt(O) – Eisenhüttenstadt; ca.720 km


    Die Route am nächsten Tag bis in die Heimat über Lublin, Pjotrkow-Tribunalski nach Lodz, Poznan und Frankfurt(Oder) wurde dann wie eine Luxusfahrt. Du wartest immer auf ein Schlagloch, aber es kommt keines mehr. Es ist erstaunlich, wie die EU-Mitgliedschaft Polens seit 2005 den Aufschwung der Infrastruktur auch im Südosten und im Osten des Landes befördert hat. Selbst in den Städten, früher ein Alptraum jedes Autofahrers in Polen, ist jetzt halbwegs ordentlich ausgeschildert, den Rest besorgt Tom-Tom, unser Navi. Die restlichen 700 km durch Polen bis nach Hause sind nicht der Rede Wert und am Abend des 10.04.2009, (Karfreitag), in Polen kein Feiertag, trafen wir wieder zu Hause in „Hütte“ ein. Insgesamt 4500 km mehr auf dem Tacho einschließlich der Fahrten, die wir von Artjemowsk aus unternommen hatten. Die reine Reisestrecke hin und zurück waren exakt 4050 km auf der beschriebenen Route.

  • 6. Einige Ratschläge für abenteuerlustige Auto-Touristen


    Welche Ratschläge kann ich Leuten, die ähnlich reise- und abenteuerlustig sind, mit auf den langen Weg geben?


    1. Viel Durchhaltevermögen und eine stabile Wirbelsäule bei den schlechten Strassen, besonders in der Zentral- und Ostukraine. Stahlfelgen und Winterreifen helfen mit, jegliche Art von Schlaglöchern, Baulücken, Fräslöchern etc. zu überwinden.




    2. Unterkünfte wie Motels, Pensionen und Hotels jeglichen Niveaus und Preisklasse sind überall vorhanden. Einige erinnern an die Jugendherbergen in der DDR, fast so niedrig sind auch die Übernachtungspreise 10,-€ pro Person. Tankstellen sind dank umfangreicher Neubauten der Mineralölkonzerne aus der ganzen Welt in einer Vielfalt vorhanden, die man in D nicht findet. Bezahlung und Abrechnung per EC-Karte und Kreditkarte(soweit akzeptiert) laufen korrekt ab.




    3. Begegnungen mit der mit der ukrainischen Polizei bzw. Miliz sind wenn möglich besser zu vermeiden. Neben der Erhöhung des Strafenkataloges ab 2009 dienen diese auch zur Bereicherung der Milizionäre bzw. sie handeln mit Duldung des Staates. Wir wurden da sehr an das Raubrittertum im Mittelalter erinnert, lediglich das Leben wurde uns nicht genommen. Auch das Auto durften wir behalten nachdem wir an der GAI - Station in Velky 200,- € bezahlt hatten. Da sollte die Regierung es doch besser mit einer angemessenen und pünktlichen Gehalts-zahlung für ihre Miliz probieren, anstatt die „Spenden“ direkt an der Trasse von Ausländern zu kassieren. Bei kleinen Vergehen helfen in Anlehnung an den Strafenkatalog 100 bis 200 Grn. über ein Protokoll und endlose Verzögerungen hinweg. Kein Alkohol am Vorabend einer Fahrt trinken, wegen Restalkohol-gefahr! Wird besonders bei Ausländern streng kontrolliert und bringt wegen der hohen angedrohten Strafen und der Beweisführung oft Probleme, zumindest erheblichen Zeitverzug.


    4. Für reine Urlaubsfahrten ist die Autotour nicht zu empfehlen, zu hoher Stressfaktor, da sollte man besser auf


    Zug oder Flugzeug umsteigen.


    5. Ein Sprachkundiger der russischen oder ukrainischen Sprache sollte an Bord sein, in der Westukraine kommt


    man auch mit Polnisch gut zurecht.


    6. Ein NAVI, wir hatten Tom-Tom XL Osteuropa ist für die Suche von Motels bzw.Sehenswürdigkeiten ein


    brauchbarer Helfer. Allerdings sollte die Suche nicht vom Fahrer sondern vom Beifahrer vorgenommen werden,


    damit dieser sich auf den Verkehr und die Strasse konzentrieren kann.


    7. Freundlichkeit und Zugehen auf die Menschen kann das Leben erleichtern, ein freundliches Wort und ein


    angemessenes „Bakschisch“ kann selbst unmotivierte Dienstleister(innen) aufmuntern und uns auch.




    Gute Fahrt und viel Glück wünscht


    AlfredS.

  • Nun ja, es hat sich also nichts verändert!


    Interessant wäre für mich, was die Reise insgesamt - mit Übernachtung und Bakschisch - rund gekostet hat. Dann kann man besser disponieren, wie die Frau von Kjeld immer sagte. !kiss!

  • Hallo, habe gar keine Abrechnung gemacht,


    aber etwa 1000,-€ für alle 3 Personen, davon etwa die Hälfte Spritgeld,


    der Rest für Übernachtungen, Essen und Trinken einschl. Gaststättenbesuche


    in Artjemowsk und 220,-Strafe bei der Miliz.


    Freundliche Grüße AlfredS

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