Wirbel um russische Website: Gebrochene Finger für 50 Euro, Mord für 2500 Euro

  • Ist zwar nicht aus der Ukraine oder mit der Ukraine im Zusammenhang, aber dennoch interessant...


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    Über eine russische Webseite konnte man womöglich monatelang Auftragskiller und Schlägertrupps bestellen. Ob und wie viele Straftaten über das Portal geordert wurden, ist noch unklar. Jetzt ist der Dienst offline - und das Land rätselt über die Hintermänner.

    Man war verblüffend breit aufgestellt bei zakazat-killera.com, und obendrein ganz günstig. Eine Entführung in ein abgelegenes Waldstück für ein "leichtes Gespräch" gab es schon für 300 Euro, Knebeln oder ausgeschlagene Zähne kosteten extra. "Tarif Drei" bot das volle Programm, von zertrümmerten Kniescheiben bis hin zum Kieferbruch. Für jeden gebrochenen Finger kassierten die Dienstleister 50 Euro. Optional konnte ein schmutziger Lumpen als Knebel benutzt werden: Für die benötigten Fäkalien wurde jedoch ein Zuschlag von 30 Euro fällig.

    Es war ein mehr als makaberer Onlineshop, mit dem ein unbekannter Anbieter in Russland womöglich monatelang im Netz Geschäfte machte. Die Angebotspalette reichte von der Körperverletzung bis zum Mord. Medien und Behörden wurden erst kürzlich auf den Fall aufmerksam. Entsprechend groß ist der Wirbel, den die inzwischen vom Netz genommene Seite verursacht. Dabei ist nicht einmal klar, ob überhaupt jemals eine Straftat über das Portal arrangiert wurde. Wer oder was dahintersteckt, ob es sich um ein ernsthaftes Angebot handelte - all das bleibt bisher im Dunkeln.
    "Kontaktieren Sie uns, wir können über alles verhandeln!", hatten die Betreiber noch vor kurzem auf ihrer Webseite getönt. Ein sauberer Auftragsmord sollte den Kunden 2500 Euro kosten, angeboten wurden auch Varianten wie Einbetonieren, Verbrennen oder lebendig Begraben.

    Vom Netz wegen "Überlastung der Homepage"

    Online gegangen war der mörderische Internetdienst schon im Februar 2013. Die staatliche Ermittlungsbehörde, eine Art russisches FBI, die ansonsten eifrig gegen Oppositionelle vorgeht, schaute dem Treiben monatelang tatenlos zu. Erst Anfang der Woche ging die Seite schließlich vom Netz. Der offizielle Grund: "Überlastung der Homepage". Inzwischen gibt es einen Vermerk auf der Website, wonach die URL zum Verkauf steht. Gegründet worden sei der Onlinedienst demnach nur für eine Kriminalstatistik. Wer diese Notiz verfasst hat, ist unklar.

    Brisant ist der Fall auch deshalb, weil Auftragsmorde seit dem Ende der Sowjetunion in Russland durchaus keine exotische Erscheinung sind. In den neunziger Jahren wurden regelmäßig aufstrebende Wirtschaftsgrößen auf offener Straße niedergestreckt, gern aus vorbeifahrenden Autos heraus. Täter und Auftraggeber wurden selten gefasst. Bis heute sorgen spektakuläre Morde immer wieder für Schlagzeilen: Unliebsame Politiker werden einfach einbetoniert, Konkurrenten in aller Öffentlichkeit erschossen. Berühmtester Fall ist der Mord an der Enthüllungsjournalistin Anna Politkowskaja im Oktober 2006. Zwar wurden die Täter vor Gericht gestellt - wer jedoch damals den Auftrag gab, blieb wie in den meisten Fällen ungeklärt.

    Auf zakazat-killera.com war die Bestellung eines Mordes laut Anleitung unkompliziert: Eine kurze E-Mail-Anfrage an den Profi genügte. Innerhalb von drei Tagen könne eine "Lieferung" erfolgen, hieß es, vorausgesetzt, das vereinbarte Honorar gelange per Kurier rechtzeitig zum Betreiber. Der wiederum warb damit, Auftragsbestätigungen der besonderen Art zu verschicken: Fotos des Entführten zum Beispiel oder auf besonderen Wunsch auch ein abgetrenntes Ohr oder einen Finger. Mehr als 6000 Internetnutzer besuchten pro Woche die Homepage.

    "Uns sind die Hände gebunden"

    Als russische Medien die Seite schließlich nach acht Monaten Onlinepräsenz aufspürten, kamen die Behörden in Erklärungsnot. "Uns sind die Hände gebunden", sagte Wladimir Pikow, Sprecher der russischen Medienaufsichtsbehörde, der Tageszeitung "RBS-daily". Wer die Seite betreibe, sei nicht zurückzuverfolgen. "Außerdem beinhaltet sie weder Kinderpornografie noch einen Aufruf zum Suizid." Sanktionen können laut Pikow nur nach einer gerichtlichen Verordnung erfolgen. Damit läge die Zuständigkeit bei der Staatsanwaltschaft. Und die wiederum will zu der Angelegenheit keine Stellung nehmen.


    Parlamentsabgeordnete spekulierten bereits, mit dem Onlinedienst könne sich jemand einen Scherz auf Kosten der Polizei erlaubt haben. Womöglich steckten die Ermittler sogar selbst dahinter, meinte Wadim Dengin von der nationalistischen LDPR-Partei. Das Ganze könnte demnach ein Lockangebot der Ordnungshüter gewesen sein, als Falle für mögliche Mordanfragen. Doch die Polizei streitet jede Verbindung zu der Webseite ab.

    Das Dementi ist aber nur allzu verständlich. Dass man gerade über "die guten Kontakte zur Polizei alles regeln" könne, sei die Sicherheitsgarantie für beide Seiten, tönten die Betreiber auf ihrer Seite.

    Tatsächlich lassen Korruption und Bestechlichkeit der Polizei das Gewerbe der Auftragskiller in Russland blühen. Jährlich registrieren die Ermittler landesweit etwa 20.000 Morde, doch die Aufklärungsrate bleibt eher gering. Selbst ranghohe Mitarbeiter des landesweiten Ermittlungskomitees rund um den Putin-treuen Alexander Bastrykin sind in eine mögliche Schmiergeldaffäre in einem Erpressungsfall verwickelt.

  • Wenn dahinter Firmen auf irgendwelchen Südseeinseln stehen, die nur einen Strohmann als Geschäftsführer haben, ist das nicht einfach. Bei kino.to hat es Jahre gedauert, bis die Hintermänner enttarnt wurden. Letztlich in dem man den Weg der Gelder verfolgt hat. Und selbst das war nicht leicht.


    Gruß
    Siggi

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