Die Reise in das gelobte Land oder der Ukraine-Virus
Liebe Forumsgemeinde ,
am 30.März war es wieder soweit. Pünktlich gegen 6.15Uhr brachte mich
mein Freund Giovanni zum Bushaltepunkt nach Ulm-Seligweiler. Kurze Zeit
später erschien der Bus des Busunternehmens meines Vertrauens
http://www.kaufmann-reisen.de/. Das Schicksal nahm somit seinen Verlauf.
Während des ersten Reisetages lernte ich meinen Sitznachbarn Vitalij kennen.
Dieser lebt schon sehr lange in Deutschland und spielt mit dem Gedanken,
später wieder nach UA zu gehen? Da waren wir wohl gedanklich Brüder
Die Reise ging nach alter Tradition über Augsburg, München, Ingolstadt,
Nürnberg, Hof, Chemnitz und Dresden zur deutsch/polnischen Grenze.
Weiter ging es über Görlitz, Breslau, Oppeln, Kattowitz, Krakau zur
polnisch/ukrainischen Grenze. Nach knapp 90 Minuten war der
Grenzübergang bezwungen. Nach der Grenzüberquerung überkam mich
irgendwie so ein erleichterndes, befreiendes, unbeschreibliches Gefühl
Nun ging es weiter über Lemberg, Zhytomyr nach Kiew. Bewaffnet
mit einer Kurzbeschreibung von Ahrens(der Kiew-Kenner )
bezüglich des Umsteigens ging die Reise weiter. Bereits die ersten
Kontakte in Kiew waren mal wieder gekennzeichnet durch Hilfsbereit-
schaft und Gastfreundlichkeit Ein Taxi brachte mich dann
zur Marschrutka nach Cherkassy. Endspurt, nochmal 3 Stunden
Marschrutka mit anschließendem Taxi. Nun war es 21.30Uhr(knapp 39
Stunden absolviert).
Sehr freundlich und herzlich wurde ich von Jensinski und seiner Ehefrau
Lyudmyla empfangen Bereits nach den ersten Worten und Gesten
war klar, daß man sich blendend verstehen sollte
Dann nahte der erste Tag, morgens erstmal Tiere versorgen. Es begann
für mich eine neue Form der Lebenserfahrung . Das Leben in einer
kleinen Kolchose . Ich lernte hierbei Julia T. kennen, eine kleine
weiße Ziege. Danach kurzer Spaziergang mit Jens zum Lebensmittelladen,
wo er nebenbei bemerkte, daß aufgrund der Witterung(es waren die ersten
schönen Sonnentage des Jahres), die Möglichkeit besteht, daß man am
nächsten Tag ohne Strom sein könnte . Dann wachen nämlich die
Elektriker aus dem Winterschlaf auf .Anschließend wurde mir das
Anwesen gezeigt und erklärt. Am Abend stellte mir Jens Frau die
ledige Nachbarin vor, die ich in den nächsten Tagen näher kennenlernen
durfte. Eine wundervolle Frau! Was will man mehr?
Der nächste Tag brachte dann die Weissagungen des Jensinskis, Stromausfall
, war wie bei Nostradamus Aber glücklicherweise nur kurze
Zeit!Nun durfte ich den Basar kennenlernen. Ich habe dort Dinge gesehen und
erlebt, in Deutschland unvorstellbar Jetzt mußte erstmal ein Stadtplan von
Cherkassy zur besseren Orientierung her.
Die folgenden Tage waren gekennzeichnet vom Leben auf dem Lande Ein
völliges Abschalten vom deutschen Streßleben, eine Wohltat für die Seele! Das
Leben würde ich als einfach, aber arbeitsam bezeichen und vor allem sehr
unkompliziert. Meine Begleiter für die nächsten Tage waren: Schäferhündin Irma,
das Maisfeld, Marschrutkas in Cherkassy, meine neue Bekanntschaft, Jensinskis
Zoo, das Frühbeet, das Gewächshaus, meine Kampfstiefel in friedlicher Mission,
die Straßen(Feldwege ) in Sloboda, der Stadtplan, der Basar, Übersetzungs-
büros(aber nicht wegen Übersetzungen), der Dnepr, der Misthaufen im Garten, ein
Kiew-Star-Laden und vieles vieles mehr
Nun zu den Höhepunkten der weiteren Tage:
03.März - Mein Erscheinen im Übersetzerbüro löste anscheinend eine kleine
Überraschung aus. Man fragte nach meinem Anliegen? Ich sagte, ich wolle in
Cherkassy wohnen, leben und arbeiten. Das stieß etwas auf Unverständnis,
komisch
04.März - Ich kam in den Genuß Oldtrotter kennenzulernen. Ich brauche das,
glaube ich, nicht weiter kommentieren. Er paßt auf jeden Fall in die Ukraine
06.März - Frühbeet umgraben stand auf dem Plan . Danach Besichtigung
des Dnepr's und das Kennenlernen einiger Ukrainer.
07.März - Renate K. und Angela M.(2 weitere Ziegen) wurden in die kleine
Kolchose aufgenommen. Warum bekommen die Ziegen immer so komische
Namen Anschließend durfte ich weitere Ukrainer kennenlernen.
08.März - Ein Besuch bei einem der Kiew-Star Läden in Cherkassy. Ich hatte
Fragen zum Tarif und zu einem neuen Handy. Beim Zücken meines Nostalgie-
Handys dachten die Mitarbeiter bestimmt, ich hätte den Laden mit einem
Museum verwechselt. Das gute alte Siemens S-4 kam zum Vorschein und löste
bei den Mitarbeitern breites Grinsen aus. Es entwickelte sich mit Händen,
Gesten, dem Langenscheid-Wörterbuch, englisch und ein bißchen russisch
ein amüsantes Gespräch. Ich versprach am Ende, wieder zu kommen
Am gleichen Tag nahm ich die Kirche:
http://de.dreamstime.com/lizenzfreie-sto…e-image18638307
in Augenschein, wirklich eindrucksvoll
Und natürlich, der Misthaufen war an diesem Tag noch fällig, er mußte
umgesetzt werden
10.März - Der Kiew-Star Laden mußte wieder dran glauben. Beim Betreten
meinerseits war wieder mal das breite Grinsen angesagt :phatgrin: Der schon
wieder In 30 Minuten waren alle Unklarheiten beseitigt. Bei der
Verabschiedung drohte ich einen erneuten Besuch im Juli an. Hätte ich
vielleicht nicht machen sollen, die machen dann bestimmt Betriebsferien
Am Nachmittag wurde der Tatendrang am Gewächshaus ausgelassen
11.März - Heute erfolgte der Besuch am Bankomat. Aus der Vergangenheit
wußte ich, daß das öfters mit Schwierigkeiten verbunden war. Entweder
wollten gewisse Automaten die EC-Karte nicht oder es war kein Geld im
Automat. Volltreffer, kein Kohle Die nachfolgende Ukrainerin bekam aber
welche Also fragte ich: Банкомат не работает? Sie sagte aber ja und
schickte mich um die Ecke zur Zentrale. Dort hatte ich nun Erfolg
Als ich dann 15 Minuten später mich nichtsahnend über den Basar bewegte,
sah ich bereits von Weitem eine gestekulierende ältere Dame. Es war die
Frau vom Automat und wollte wissen, ob alles geklappt hat. An dieser Stelle,
das sind Ereignisse, die einen prägen!
Jetzt war noch das Besorgen einer Rose angesagt, natürlich im Blumen-
laden meiner Wahl. Der Babuschka war ich schon bekannt. Trotzdem ver-
suchte sie mich wieder davon zu überzeugen, kein Trinkgeld zu geben. Sie
mußte dann doch wieder einsehen, daß es zwecklos ist mit mir
12.März - Tag der Abreise. Wieder überkam mich so ein seltsames Gefühl,
aber es war anders als bei der Anreise. Ich umschreibe es mal mit Hegi's Worten:
"Heimweh"
Ich lebe wieder in der Schweiz, ich bin Schweizer, aber nach sechs Jahren Ukraine
(Sumy) hab ich manchmal regelrecht "Heimweh". MeineFrau ist aber im Moment glücklich
in der Schweiz...
Nun, wer kennt auch solche Gefühle?
Sehr widerwillig verabschiedete ich mich morgens gegen 08.15Uhr von Jens, Lyudmyla war an
der Arbeit. Es ging mit der Marschrutka wieder nach Kiew. Dort traf ich mich mit unserem Forumsfreund
Ahrens zu einem kurzen Plausch beim Kaffee Anschließend brachte mich Ahrens zur Metro.
Ich muß gestehen, die Rolltreppe in die Katakomben der Metro hatten eine bedrohliche Länge
Es ging ziemlich tief bergab. Nach kurzem Fußmarsch von der Metro-Haltestelle zum Busbahnhof
erreichte ich nun wieder den Bus meines Vetrauens. Auch Vitalij, mein neuer Bekannter von der
Hinfahrt, war wieder an Bord
Die Heimriese führte wieder über die gleiche Strecke wie hinwärts. Am 14.April gegen 0.30Uhr erreichte
der Bus wieder Ulm-Seligweiler(wieder 40 Stunden erfolgreich absolviert ).
Abschließend möchte ich mich bei meinen Freunden Jensinski, Oldtrotter und Ahrens für die
Unterstützung und die vielen Informationen bedanken
Wie ja bereits aus dem Forum bekannt sein dürfte, bin ich auch bestrebt, eines Tages in diesem
Kreis verweilen zu dürfen
Letztendlich muß jeder für sich selbst entscheiden, was er vom Leben erwartet. Dafür sind die
Vorstellungen der einzelnen Menschen sehr verschieden, und das ist auch gut so! Sonst wollten
ja alle am gleichen Fleck wohnen.
Für Menschen der unkomplizierten und einfachen Lebensweise bietet sich die Ukraine geradezu
an. Auch die Bedürfnislosen, so wie Siggi, sind dort gut aufgehoben
Abschließend noch einige Infohinweise: http://www.ukraweb.com/
http://www.reiseportal-ukraine.com/
Das Busunternehmen Kaufmann-Reisen befördert auch Gepäck und Post aller Art in die Ukraine,
entlang der Haltestellen. Pausen finden in der Regel alle 2 Stunden statt. Eine Toilette und ein
kleines Sortiment an Speisen und Getränken ist an Bord. Das Bordpersonal ist in der Regel sehr
aufmerksam und freundlich. Zweimal wird jeweils 1 Stunde zum Essen von warmen Speisen
Pause gemacht.
Das Einzige, was ich wirklich vermißt habe war mein "Русское Радио", mein Lieblingssender
aus Kiew. Der war auf Jensinkis Rechner nicht installiert ;(
Es grüßt Euch Michael aus BW
P.S.: Ich bin zwar kein Mediziner, aber ich befürchte, mein Ukraine-Virus hat sich verschlimmert :D