Knastväterchen Janukowitsch

  • Der Präsident der Ukraine lässt die Opposition einsperren. Er weiß, wie
    das Leben in Haft aussieht. Zwei Mal saß er ein - wegen Raubes und wegen
    Körperverletzung.


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    Seit Viktor Janukowitsch Präsident der Ukraine ist,
    haben im Kiewer Vokabular zwei Worte Karriere gemacht: „Isolator“, die
    Untersuchungshaftanstalt, und „Kolonia“, das Straflager. Janukowitsch,
    im Jahr 2004 durch die demokratische „Revolution in Orange“
    vorübergehend von der Macht vertrieben, hat seit seiner Rückkehr im Jahr
    2010 das Gefängnis zum zentralen Instrument seiner Herrschaft gemacht.
    Schon wenige Monate nach seinem zweiten Machtantritt kamen die ersten
    führenden Regimegegner in Haft, mittlerweile ist die Oppositionsführerin
    und frühere Ministerpräsidentin Julija Timoschenko in einem
    international scharf kritisierten Prozess zu sieben Jahren Straflager
    verurteilt worden. Ihr einstiger Innenminister Jurij Luzenko und der
    frühere amtierende Verteidigungsminister Walerij Iwaschtschenko warten
    dagegen noch im Kiewer Untersuchungsgefängnis „Lukjaniwka“ auf ihre
    Urteile.


    Immer wieder hat das Gefängnis in Janukowitschs
    Leben eine zentrale Rolle gespielt. Beim ersten Mal, in den späten
    sechziger Jahren, wuchs er gerade als elternloser Halbstarker zwischen
    den grauen Abraumhalden und qualmenden Schloten des ostukrainischen
    Stahl- und Kohlereviers Donbass auf. Aus allen Teilen der Union hatte
    die Sowjetmacht damals die Männer für die Schächte rekrutiert, man
    fragte nicht, wo einer herkam, die Zeiten waren rauh. Schlägerbanden
    beherrschten die Gassen zwischen den Hochöfen, und wer keine schnellen
    Fäuste hatte, kam nicht weit. Konflikte mit der Miliz, Festnahmen und
    Jugendstraflager gehörten zum Alltag, und auch Janukowitsch ist damals
    als Jugendlicher zweimal zu Haftstrafen verurteilt worden. Die genauen
    Tatumstände sind bis heute ungeklärt, doch nach seiner eigenen
    Darstellung ging es unter anderem um „Körperverletzung mittleren
    Grades“.


    Die frühen Gefängnisjahre aus den Akten getilgt
    Die zweite Phase, in der die Welt der Kriminalgerichte und Strafkolonien
    für Janukowitschs Biographie wichtig wurde, kam ein Vierteljahrhundert
    später, in den neunziger Jahren. Die Sowjetunion war zerfallen, die
    Oligarchen und Banditenbarone des ersten Wendejahrzehnts hatten die
    Gruben und Hütten des Donbass gerade mit Kalaschnikow und Handgranate
    unter sich aufgeteilt. Aus „kriminellen Autoritäten“, wie es in der
    Ukraine heißt, wurden Großaktionäre, und Janukowitsch stieg unter dem
    Schutz der neuen Potentaten 1997 zum Gouverneur von Donezk auf. 2002 ist
    er dann durch Fürsprache des autoritären Präsidenten Leonid Kutschma,
    der die regionalen Clans wie kein Zweiter zu dirigieren verstand, gar
    zum Ministerpräsidenten der ganzen Ukraine geworden. In diesen Jahren,
    als er längst kein verlorener Jugendlicher in kriminellen Milieus mehr
    war, sondern ein Mann von Macht und Gewicht, könnten sich hinter den
    Kulissen der Justiz, so der Verdacht, ungezählte Schattenmänner seiner
    längst in tiefes Vergessen gesunkenen frühen Gefängnisjahre angenommen
    haben.


    Als jedenfalls im Jahr 2002 der Journalist
    Wolodimir Bojko die ersten vagen Hinweise auf die bis dahin streng
    geheim gehaltene Knastjugend des Gouverneurs publizierte (nach seiner
    Darstellung hatte ein Mitgefangener ihm davon erzählt, als er wegen
    eines kritischen Artikels vorübergehend in Haft saß), verstärkten sich
    die Vermutungen, dass in den Gerichten und Strafkolonien ganze Arbeit
    geleistet worden war: So viel man auch suchte, in keinem Gerichtsarchiv
    fand sich ein Urteil, in keinem Gefängnis ein Kladdeneintrag über einen
    Häftling Janukowitsch. Jemand hatte die unter Zeitgenossen ohnehin
    längst vergessenen frühen Gefängnisjahre Janukowitschs auch aus dem
    Gedächtnis der Akten getilgt.....


    Bericht: Knastväterchen Janukowitsch

  • Diese Dinge sind in UA seit längerem allgemein bekannt. Trotzdem wurde er zum Präsidenten gewählt. Ich denke, dass ist schon ein kultureller Unterschied zu westlichen Demokratien, wo immer gefordert wird, dass hohe Würdenträger formal eine weiße Weste haben müssen.


    Gruß
    Siggi

  • dass hohe Würdenträger formal eine weiße Weste haben müssen.

    Der perverse Lauf der Geschichte in der ex-CCCP.
    Gab es nicht gerade die Sendung in PHOENIX, wo sich Mafiosis rühmen, nun fett in der Wirtschaft und Politik zu sitzen. Ein Abgeordneter oder hoher politischer Würdenträger muss einfach Knasterfahrung haben.
    Na ja, unser neuer Präsident ist auch nur rasiermesserscharf am Knast vorbeigerutscht und sein Vater durfte als Vollkrimineller paar Jahre Urlaub im Gulag machen. Vielleicht könnte das schon als Qualifikation für die Duma ausreichen.

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