Ist die Ukraine eine kaputte Gesellschaft?

  • Hallo liebes Forum,
    was für eine interessante Diskussion, in die ich mich mit meinem ersten Beitrag hier gerne einmal einschalte, das Hauptthema betreffend.


    Es wurden ja genügend Vergleiche zu Deutschland gezogen, Oldtrotter hat es in seinem letzten Beitrag ja anklingen lassen. Um das noch einmal zusammenzufassen: In Deutschland ist nach der Generation der "Malocher" die Generation "Konsum" aufgewachsen. Und man spürt es, Deutschland hat ein ernst zu nehmendes Ungleichgewicht, dass aktuell a) durch (noch) bezahlbare ausländ. Arbeitskräfte und b) die (noch) prallen Beutel der Malochergeneration übertüncht bzw. überbrückt wird. Stichwort Fachkräftemangel, Bildungsdefizite...


    In der Ukraine ist es kaum anders, nur mit einem gewaltigen Unterschied. Zu viele erlernen bzw. studieren Berufe, für die es keinen Markt gibt, oder dieser übersättigt ist. Letztendlich stehen sie dann, wenn sie Glück haben, doch an der Maschine, als Verkäuferin im Laden oder als Wachmann im Epicenter. Sind über- oder schlimmer noch - falsch qualifiziert und verdienen schlecht. Das Internet ist auch hier weit verbreitet und wird rege genutzt, es gibt kein "Nichtwissen" mehr wie bei älteren Generationen. Und die jüngere Generation sieht alles und will auch so konsumieren wie ihre Gleichaltrigen in EU/USA. Da liegt aber der Hund begraben, weil anders als in Deutschland a) der Ausländer für die niederen Arbeiten fehlt bzw. sich hier die Menschen selbst um diese Jobs reißen. Egal, Hauptsache sie haben einen Job, wenn auch besch***en bezahlt und b) die ältere Generation selten einen prallen Beutel hat!


    Und mein Eindruck: Leider sind zu viele der jüngeren Generation in der Ukraine nicht bereit, sich bei der Arbeit die Hände schmutzig zu machen. Dabei hätten gerade Fachkräfte im Handwerk eine Zukunft. Aber ich meine echte Fachkräfte mit solider Ausbildung, die auch bereit sind, wenigstens zwei Jahre ordentlich den Beruf zu lernen und nicht nach 2 Wochen zuschauen bei einem alten Tischler sich Meister nennen und ein Geschäft anfangen! Ich kenne in meinem Umfeld leider keinen, der zu diesem Schritt bereit wäre. Das Ergebnis sehe ich ja in der eigenen Familie. Der Stieftochter haben wir jahrelang das Studium finanziert, jetzt klebt sie Sperrholzplatten; ein Cousin meiner Frau hat Ökonomie studiert und arbeitet als Wachmann. Toll. Und da kann man über Politik/Politiker schimpfen wie man will. Ohne junge, tatkräftige Menschen, die bereit sind, unten anzufangen, etwas solides lernen um dann etwas aufzubauen, sind positive Änderungen, auch im Staat(!) eine Utopie. Man ändert nichts, wenn man irgendwas studiert und sich dann in einen Posten einkaufen muss, so das Geld dafür überhaupt da ist! Oder eben als Wachmann endet.


    Soviel für heute,


    LG,
    Jens

  • Zur Fragestellung zurück:


    die UA ist genauso sehr und genauso wenig eine "kaputte Gesellschaft" wie andere auch!

    Ich sehe das zu 100% genau so! Wenn man will, kann man in jede Gesellschaft etwas Negatives hineininterpretieren. Gesellschaften unterscheiden sich nach meiner Auffassung im wesentlichen nach Mentalitäten. Natürlich spielt auch die religiöse, politische und ethnische Zusammensetzung eine Rolle.

  • Politik, Religion und etnische Gruppierungen, ein beliebter Diskussionsgrund überall auf der Welt, besonders bei uns Deutschen in der Familie und unter Freunden, an den Stammtischen und in den Vereinen etc. etc.
    Da sieht es bei den Menschen in der Ukraine ganz anders aus, bedingt durch die historische Vergangenheit, kann dazu gerne später etwas zu schreiben, spielten diese drei Faktoren stets eine vollkommen untergeordnete Rolle. Was hier in vielen Jahrhunderten zählte, war die Familie und ein wirklicher Freund. Niemand käme auf die Idee innerhalb der Familie oder im engsten Freundeskreis eine Diskussion in Sachen Religion, Politik oder ethnische Minderheiten loszutreten.
    Es kommt natürlich vor, dass aus irgend einem Anlass Freunde in einen Streit geraten sind, dann geht man sich aus dem Weg, aber bei unverhofften Zusammentreffen keimt da kein weiterer neuer Streit auf. Vieles wird auch nicht nach draußen getragen, weil man das einfach nicht tut, nach dem Motto so etwas gehört sich nicht.
    Natürlich ist die Gesellschaft hier im Wandel, dank der Medien und der Reisen ins nähere und weitere Ausland zum Zweck der Beschaffung von Kapital zum Überleben. Viele Ukrainische Familien verdanken ihren heutigen "Wohlstand" einzelnen Mitgliedern, die teilweise Jahrzehnte im Ausland geschuftet haben und jeden erdenklichen Job annahmen, um zu Hause in der Ukraine das bis dato erworbene zu erhalten. Diese neue Generation kann da nicht so einfach mit zurecht kommen. Hier liegt auch die Ursache für einen Wandel der Gesellschaft im allgemeinen. Und nicht jede Familie hat eine Großmutter, die sich an alles erinnert und die Familie zusammenhält. Vergessen wird auch oft, dass nicht jede ukrainische Frau im Ausland leben will,
    nicht jedes ukrainische Kind, mittlerweile erwachsen und mit dem Studium fertig, akzeptiert die zurückkehrende Mutter oder Vater, man hatte doch ein einigermaßen abgesichertes (finanziell) Leben und das soll man jetzt mit dem Heimkehrer teilen oder gar noch mit einem Mitbringsel (Freund/Freundin/Ehepartner). Das Leben ist nicht so einfach, man sollte schon planen und Unterschiede in Kauf nehmen. Danke Oldtrotter

  • Es ist schon traurig, wenn man liest, wie mit alten Menschen verfahren wird.
    In D ins Wohnheim - In UA in die Scheune/Stall
    und das Straßen mit Panzerübungsplätzen verglichen werden


    Es gibt schon Straßen, die nicht zu beschreiben sind, von denen keiner je etwas erfahren hätte, wäre er da nicht zufällig hingeführt worden. Auf dem Land und auch in den Außenbereichen der Städte ist das durchaus möglich. Man wird damit leben müssen, es gibt da kaum ein Interesse dran, wenn es gar nicht anders geht wird mal ein Zuschaufeln der Löcher mit Bauschutt veranlasst oder aus purem Egoismus selber durchgeführt manchmal in der Gemeinschaft mit den Nachbarn. Das gibt es auch!
    Alte Leute ohne Familie haben es schwer, wenn die Pension im unteren Bereich liegt, hier zurecht zu kommen, besonders wenn die Verwandten oder Freunde nicht helfen. Häufig wird aber auch die alte Datscha und Sommerküche zum Alterssitz umfunktioniert. Verraten und verkauft bist du aber, wenn es niemanden gibt, den du ansprechen oder um Hilfe bitten kannst. Das gilt für D aber gleichermaßen, also ohne ein soziales Umfeld gerätst du dort auch in Vergessenheit und das Wohnheim bietet Dir auch nur ein Dach über dem Kopf. Sicher ist ein jeder aufgerufen, für sein Alter vorzusorgen, über das wie und wo muss ein jeder selber entscheiden. Da kann man niemandem einen Rat erteilen, besonders wenn die Verhältnisse nicht kennt. Es ist aber mit einem angemessenen monatlichen Betrag durchaus möglich in der Ukraine seinen Lebensabend versorgt und betreut zu verbringen, wenn die Familie mitspielt und das Umfeld stimmt ohne aber finanziell von der Familie abhängig zu sein. Es geht da nur um Verfügungen, im Falle eines Falles. Eine Kostenrechnung wage ich aber nicht aufzustellen, da kann man nicht so weit in die Zukunft schauen. Nur eines weiß ich mit Sicherheit, mich und auch meine Frau vertreibt keiner aus unserem Haus. Danke Oldtrotter

  • Hallo Zusammen,


    ich muss aus Erfahrung sagen, das neben der wandelnden Gesellschaft und den jüngeren Generationen die zwar studieren..meistens ihre Diplome aber kaufen ohne einen Finger zu krümmen....leider auch der wirtschaftliche Wandel viel dazu beiträgt...das es immer mehr Arme gibt, die sich noch nicht mals mehr wirklich was zu essen leisten können.


    Sehen wir uns einfach mal die Hauptstadt Kiew an. Vergleicht man die Häuser und die Einkaufscentren mit der damaligen Zeit, kann man die Ukraine durchaus loben. Es hat sich viel gewandelt und man passt sich immer mehr dem westlichen Standart an. Doch schaut man hinter die Kulissen, erkennt man, das durch diese Anpassung die Preise in den letzten 5 Jahren geradezu astronomische Ausmaße angenommen hatte. Was ist aber mit dem Gehalt der Leute, den Renten?? Da hat sich nicht wirklich was getan.
    Würde meine Mutter meinen Großeltern nicht jeden Monat Geld schicken, würde sie gar nicht genug zusammen haben um sich ordentlich Medizin und Essen leisten zu können.
    Das Problem ist einfach, das sich zuviele Ausländische Firmen in die Ukraine integriert haben und durch diese "superverdiener" die Preise einfach für die Minderheit nach oben angepasst wurden...das heißt der Rest kann gucken wo der bleibt.
    Selbst mit unseren Gehälter, mit denen man fast wollhabend in der Ukraine leben könnte, kann man, im Gegensatz zu früher, nicht mehr wirklich viel kaufen oder erreichen.
    Ich will mir gar nicht vorstellen, was er passiert...wenn die Ukraine wirklich in die EU reinkommt und der Euro eingeführt werden sollte....sollte sich da nichts ändern, wird es noch mehr Armut und Hungernot geben, weil die Gehälter und Renten kaum angepasst werden, dafür die preise wahrscheinlich um so mehr.
    Ich meine selbst die ehemaligen Offiziere etc. verdienen umgerechnet ca. 200-300 euro...wenn du aber normal einkaufen gehst...bezahlt du schon alleine umgerechnet bis zu 50 Euro für deinen Einkauf...Was ist mit Medizin, den Strompreisen etc...das is gar nicht mit rein gerechnet...
    Meine Oma z.B verdient umgerechnet gerade zu lächerliche 90 Euro im Monat...solange mein Oma gelebt hatte, ging das ja noch...doch jetzt?? Alleine, ohne Hilfe würde sie jeden Monar hungern müssen bzw. könnte sich die teuren Medikament nicht im geringsten leisten können...
    Wären die Preise nicht so versaut, denke ich würden die Leute mit ihren Gehälter und Renten es leichter haben :( :( :(

  • Sehen wir uns einfach mal die Hauptstadt Kiew an.

    Wie schon an anderen Stellen erwähnt: Kiew <> Ukraine! Aber auch bei uns in Cherkassy gibt es immer mehr Supermärkte und Erlebniscenter mit Eislaufbahn und allem Pipapo. Aktuell habe ich aber den subjektiven Eindruck, dass die Preise dort oft unter denen der kleinen Magazine sind. Hier wird wohl eine ähnliche Strategie gefahren wie in den 70ern gegen die Tante Emma-Läden? Was wirklich fehlt und was ich im Gegenteil zu Deutschland vermisse, sind No-Name-Produkte. Es gibt eben nur Nutella und keine Nussenja, Melitta Filtertüten und keine von Ja!, Somat-Geschirrspültabs und kein W5... das mal als Beispiel. Bei den Preisen dafür schlackerst echt mit den Ohren und ich freue mich jedesmal, wenn sich Besuch aus Deutschland ankündigt. Gibts eben wieder ein "Westpäckl" :D


    Was mir aber noch größere Sorgen macht, sind die Basare, auf denen die Mütterchen ihre Zwiebeln, Dillbunde, etc. verkaufen. Die Plätze dafür werden immer weniger. Und ich kann mir da nicht vorstellen, wie das innerhalb der EU mit deren Gesetzen werden sollte...


    LG,
    Jens

  • Und ich kann mir da nicht vorstellen, wie das innerhalb der EU mit deren Gesetzen werden sollte...

    Naja @ jensiski - ich glaube mit der Vorstellung kannst Du Dir noch reichlich Zeit lassen. Glaube kaum das da Eile geboten ist. In den nächsten Jahren wird das (hoffentlich) nichts mit EU Kandidatschft oder gar Beitritt für die UA. Und das ist glaube ich auch ganz gut so.


  • Naja @ jensiski - ich glaube mit der Vorstellung kannst Du Dir noch reichlich Zeit lassen. Glaube kaum das da Eile geboten ist. In den nächsten Jahren wird das (hoffentlich) nichts mit EU Kandidatschft oder gar Beitritt für die UA. Und das ist glaube ich auch ganz gut so.


    Fasil ich glaube,das ich verstehe,was den Dichter sage moechte,und gebe ihm auch recht.
    aber!! welche komando ist die schlimmere"???


    opatoni

  • Wer hier in DE was "falsches sagt" landet in der Irrenanstalt, siehe Fall Mollath.


    Und die EU ist nicht mehr weit von einer echten Diktatur. Es gibt ja sogar Leute, die sagen, die Krise wurde geschaffen um ein Europa "zu formen", bzw. gegen den Willen der Bürger durchsetzten zu können.

  • Was sagte Obelix immer? "Die Spinnen die Briten" :lol: Dann eben raus mit denen, aber dann mit aller Konsequenz

  • Hi Marco,


    hier muss ich Dir leider widersprechen: Genau weil die Briten sich nicht auf das "Abenteuer" EURO eingelassen haben, sind sie eben doch klüger als die Verfechter der Utopie USE (United States of Europe)


    LG Ivanhoe

    Laotse soll gesagt haben: Alle Dinge haben drei Seiten, eine Seite, die du siehst, eine Seite die ich sehe, und eine Seite, die wir beide nicht sehen.

  • Hi Marco,


    hier muss ich Dir leider widersprechen: Genau weil die Briten sich nicht auf das "Abenteuer" EURO eingelassen haben, sind sie eben doch klüger als die Verfechter der Utopie USE (United States of Europe)


    LG Ivanhoe


    Aber wir reden doch von der EU und nicht vom Euro...ob sich hier ein von Europa isoliertes Great Britain alleine halten kann...fraglich, so toll gehts den Briten auch nich.

  • Kaputte Gesellschaft?


    Ich schaue mir nur den Thread über Polina hier an.
    Und da sehe ich wie viel oder besser wie wenig die ukr. Gesellschaft incl. Krankenversicherung für ein schwerkrankes Kind tut.
    Und dann sehe ich was (wenn überhaupt) für Alte und Behinderte in der UA getan wird.
    Da brauche ich persönlich keine weiteren Erläuterungen wie kaputt die Gesellschaft in der UA ist.


    Schon das reicht mir.


    Und komme mir keiner damit dass es innerhalb der Familie Solidarität gibt - gerade das Beispiel Polina zeigt dass das nicht funktioniert weil zu teuer.
    Und dann hört die Solidarität der UA Gesellschaft auf!


    Budweiser

  • Wladimir
    habe heute bei der Deutschen Welle geguckt, die Briten haben was gegen die EU und Brüssel - sie wollen, daß die EU wieder aufgelöst wird.......
    hier geht es in erster Linie um den Finanzmarkt , die Engländer hatten schon immer bessere Renditen in den Versicherungen als der Rest der EU- oder sie haben eben den kunden mehr gegeben
    mit der EU kahmen zu viele Beschränkungen - auch im Banken - Welthandel
    desshalb wurden mit der EU der Finanzmarkt umgebaut und mit Tochterbanken "Ausgelagert von London nach Asien und Dubay - trotzdem verblieben die Muttergesellschaften in London - was zu einem erheblichen Meraufwand und Abwickluns-Zeitverlust führt -
    der Hochfinanzbereich ist schon seit etwa 1 - 2 monaten wieder von der EU abgekoppelt und arbeitet wieder nach dem amerikanischen Finanzerwirtschaftungsprogramm - das in der EU nicht erlaubt ist ...
    ausserdem Boikottirt die EU so weit als möglich alle Dollartransaktionen um den Einflus des Dollars in der EU zu schwächen oder zu unterbinden ......
    in welcher Währung läuft der Welthandel ?


    Ivanhoe
    Genau weil die Briten sich nicht auf das "Abenteuer" EURO eingelassen haben, sind sie eben doch klüger als die Verfechter der Utopie USE (United States of Europe)
    was ist also besser ? irgendwann mit der EU untergehen ? eventuell.. oder einen Beschwerlichen alleingang - 2 schritte vor und ein zurück ?(


    @Marco
    Aber wir reden doch von der EU und nicht vom Euro..
    So doll geht es Griechenland, Portugal, Spanien, Italien (In der EU) und den Anwärtern im Südosten ?????? :patsch:

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