Was bedeutet "Datscha" in der Ukraine?

  • Hallo nochmal,


    bin der "Neue" gleich mal mit ner Frage.


    Was bedeutet die Bezeichnung "Datscha" heutzutage noch?


    Ist das immer noch ein Ferienhaus, das nicht ständig bewohnt werden darf?


    Braucht man einen festen Wohnsitz woanders oder kann man sich dort anmelden.


    Sind die Grundstücke noch in öffentlicher Hand oder doch teilweise schon privatisiert?


    Würde mich freuen über ein paar Antworten freuen, da ich beim googeln nichts Eindeutiges gefunden habe!


    Dankeschön!

  • Das ist auch nicht mehr eindeutig.
    Unter Datscha kann man heute alles mögliche verstehen.
    Früher und im eigentlichen Wortsinn war das eine Wochenendhütte mit Sommerküche und kleinem Garten etwas ausserhalb der Städte, wo man die Sommerwochenenden verbracht hat.
    Heute kann das auch durchaus ein normales 1-2 Familienhaus mit allem Komfort und ganzjährig bewohnt in einem bewachten Komplex sein.
    Kurz - nach deutschen Massstäben ein normales Wohnhaus, teilweise mit Swimmingpool, Sauna usw.
    Sowas reicht heute vom Baucontainer bis zur Millionenvilla...
    Findet man überall in jeder Eigentumsform.
    Mittlerweile steht sowas sogar mitten im Hydropark von Shitomir bis hin zu Naturschutzgebieten.
    Legal, illegal oder zweifelhaft:))))
    Oft sind das genossenschaftliche Kooperativen von Früher.

  • Mui welaem more u da4i i welaem da4i u morjа. Мы желаем море удачи и желаем дачи у моря :)


    (wie so oft funktioniert der Gag nur in der Sprache, uebersetzt bleibt nix uebrig: "wir wuenschen dem Meer Glueck und uns eine Datsche am Meer")

  • Wir haben auf der Krim eine Datscha erworben. Das ist ein relativ normales Haus mit allem üblichen Komfort und ganz nettem Meer- und Seeblick.
    Der Status Datscha kam über das Grundstück, welches Gartenland = landwirtschaftliche Nutzfläche war.
    Daher kann man dort weder einen Wohnsitz anmelden, noch kann diese Immobilie ein Ausländer erwerben.
    Auch gibt es dort keine Müllabfuhr, nur 220V Strom (man könnte sich 380V legen lassen, wenn man die Kosten übernimmt), keine asphaltierte Zufahrt, etc.
    In der Nachbarschaft überwiegen wesentlich kleinere Häuser mit Garten zum Broterwerb, anstelle von Ziergarten.
    Aber es gibt auch ein paar Leute, die nutzen ihre Datscha so wie wir, d.h. als Sommerwohnsitz mit Fokus auf Meer, Sandstrand, Restaurants, etc.
    Noch ein paar andere haben ihre Datscha mit vielen Zimmern ausgebaut und betreiben Ferienvermietung.


    Gruß
    Siggi

  • Mir wurde das auf der Krim folgendermaßen erklärt : Offizielle Datschensiedlung ist "Gartenland" und dient zur Erzeugung von landwirtschaftlichen Produkten für den Einzelnen.Grundstücke dieser Kategorie dürfen-wie schon geschrieben-nicht an Ausländer verkauft werden und der ursprüngliche Zweck muß zumindest noch möglich sein.
    Es kommt aber auf die baurechtliche Bestimmung an und diese ist ja nicht ohne weiteres zu erkennen-in der Praxis stehen in Datschensiedlungen heutzutage oft richtige Prachtvillen ohne Nutzgarten.
    Freund von mir aus Moskau hat etwas außerhalb eine Wohnung mit etwas Gartenland als Datscha-wurde seinen Vorfahren noch zu Zeiten der UDSSR vom Staat zugeteilt.Sozusagen eine Wohnung im "Grünen"-eine Wohnung war aber eher die Ausnahme.


    Gruß


    Martini

  • Schon mal vielen Dank für die Antworten!


    Dann ist es wohl so, wie ich es auch verstanden habe. Was "Datscha" im klassischen Sinn bedeutet, oder bedeutet hat ist schon klar. Jedoch verschwimmt diese Definition in den Immobilienangeboten etwas.


    Findet man überall in jeder Eigentumsform.


    Ich denke es ist dabei noch wichtiger die Papiere und Eintragungen bei jedem individuellen Objekt anzusehen, um feststellen zu können wie die Regelung dafür aussieht. Eben ob ein dauerhafter Wohnsitz möglich ist, ob der Boden irgendjemanden gehört, der dafür so etwas wie eine Pacht möchte, oder ob der Boden privatisiert ist.


    Ein kleines Zeichen sind wohl schon die sehr unterschiedlichen Preise von Häusern oder Datschen. Wird wohl ähnlich wie bei uns die Erbpachtregelung sein. Man kauft das Gebäude und zahlt Pacht für das Grundstück.

  • So ist es.
    Wenn man Immobilienangebote im Internet oder in der Zeitung sieht kann man daraus meist erstmal nichts schliessen.
    Es sind Nutzungsbeschränkungen, Veräusserungsbeschränkungen etc. denkbar.
    Wie gesagt wird als Datscha in den entsprechenden Angeboten Heute alles mögliche Bezeichnet.

  • Hier mal ein Link oder mehrere, was eine Datscha in der DDR war.


    Datsche | MDR.DE


    Die Datsche | Freizeit | Alltag | DDR | Zeitklicks


    Viele DDR-Bürger besaßen eine Datsche. Das Wort leitet sich aus dem Russischen ab und bedeutet Ferienhaus. Nach Schätzungen gab es in der DDR etwa 3,4 Millionen Datschen.


    Warum eine Datsche?Im dazugehörigen Garten baute man Obst und Gemüse an, sodass die Datsche auch zur täglichen Versorgung beitrug. Das Wohnen im engen Plattenbau und die eingeschränkten Reisemöglichkeiten waren ebenfalls Gründe, sich eine Datsche zuzulegen. Wer in Rente ging, zog oft ganz um in seine Datsche.


    Sogar Geld ließ sich machen: Die herangezogenen Gurken oder Tomaten verkaufte man an die staatlichen Annahmestellen und erhielt mehr Geld dafür, als die Ware dann im Laden kostete. So kaufte man sie dort wieder für weniger Geld ein... Solche kuriosen Auswüchse hatte die Planwirtschaft...



    Das was dazu bei den Links steht, kann man auch zur damaligen UdSSR ummünzen, war genau das gleiche Schema...

    SARKASMUS ist die Fähigkeit Idioten zu beleidigen ohne dass sie es merken......

  • Hier in der Ukraine ist seit Jahren ein Trend zu sehen, dass die Leute nach ausserhalb ins Grüne ziehen.
    Wie in Deutschland auch.
    Es kursiert hier der Witz, dass im Zentrum nur noch Flüchtlinge aus dem Osten wohnen...
    Nachteil sind jetzt diese riesigen Staus in Richtung der Vororte von Kiew, während des Berufsverkehrs.
    Dafür ist die Infrastruktur nicht wirklich ausgelegt.
    Wenn man das sieht relativiert sich das auch wieder, mit dem ruhigen Wohnen im Grünen.

  • Hier in der Ukraine ist seit Jahren ein Trend zu sehen, dass die Leute nach ausserhalb ins Grüne ziehen.
    Wie in Deutschland auch.
    Es kursiert hier der Witz, dass im Zentrum nur noch Flüchtlinge aus dem Osten wohnen...
    Nachteil sind jetzt diese riesigen Staus in Richtung der Vororte von Kiew, während des Berufsverkehrs.
    Dafür ist die Infrastruktur nicht wirklich ausgelegt.
    Wenn man das sieht relativiert sich das auch wieder, mit dem ruhigen Wohnen im Grünen.




    Ja, so ist das, kann ich bestätigen, besonders an Feiertagen oder Brückentagen ist ganz Kiew auf den Beinen, Du stehst stundenlang im Stau oder du bekommst keine Tickets mehr zu kaufen mit den Zug, alles will Raus aus KIEW. ))))))

    SARKASMUS ist die Fähigkeit Idioten zu beleidigen ohne dass sie es merken......

  • Bei uns hier im Süden, Münchener Raum ist es ähnlich, nur sind hier täglich Staus und Behinderungen.


    Der Grund für den Umzug aufs Land sind die immer weiter steigenden und fast unbezahlbaren Immobilienpreise in München.


    Da ist es sinnvoller sich und seiner Familie ein Häuschen im Grünen, statt eine kleine Wohnung in München zu kaufen.

  • Gerade in einem Flaechenland wie der Ukraine verstehe ich den Drang zur megateuren Stadtwohnung ueberhaupt nicht.


    Ich bleib auf dem Land, Frankivsk ist als Stadt noch ueberschaubar, alles was groesser ist, empfinde ich inzwischen als unangenehm obwohl ich ziemlich lange in Berlin gewohnt habe. Vorhin bin ich gerade durch Tscherniwzi gefahren, nee danke...

  • Naja, das typische Dorfleben ist hier ja auch was anderes als in Deutschland.
    Keine Infrastruktur, medizinische Versorgung, Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Arbeitsplätze usw.
    Hier auf dem Dorf kann man seine Zeit ja höchstens mit Angeln und Saufen totschlagen.
    Es ist schlichtweg öde....

  • Ich denke es kommt sowohl in UA als auch in DE darauf an, wie weit die nächste größere Stadt vom Dorf entfernt ist. Sonst wird es nämlich in DE auch schnell öde, wenn man nicht gerade auf Volksmusik und Schützenverein steht. Das Gefälle zwischen Stadt und Land ist aber in UA weit mehr ausgeprägt. Aber da würde ich vor allem die massiven Nachteile in der ländlichen Infrastruktur von UA sehen. Schon mal auf dem Dorf in UA die Klinik besucht?


    Gruß
    Siggi

  • Aber da würde ich vor allem die massiven Nachteile in der ländlichen Infrastruktur von UA sehen. Schon mal auf dem Dorf in UA die Klinik besucht?


    Eigentlich fängt der massive Nachteil schon in der Stadt an. Großstädte werden auch in Zonen unterteilt, wobei der Hauptbahnhof oder der offizielle Versammlungsplatz für Paraden das Zentrum Zone 0 darstellt. Dann folgen Zonen 1-4. Danach kommt meist lange gar nichts mehr.
    Die Entwicklung der Infrastruktur wird also in der Stadt schon schlechter. Aber die Großstädte haben hierdurch die Möglichkeit zu wachsen. Meist stellt der äußere Ring die Begrenzung dar. D.h. so weit wie die Metro nach außerhalb der Stadt fährt, so groß ist die Stadt.
    Somit kann eine ehemalige Datscha auch schnell mal in die Stadt eingemeindet werden.


    Wenn zum Beispiel die Metro mal nach Buscha fährt, dann ist das plötzlich Kiev :)))

    Einmal editiert, zuletzt von rolsch ()

  • Schon mal auf dem Dorf in UA die Klinik besucht?


    Im Dorf noch nicht, aber in der 60.000 Einwohner-Stadt Druschkiwka im Oblast Donezk. Vor zwei Jahren waren wir dort, um die Mutter meiner Lebensgefährtin zu unterstützen. Wir haben ihr Essen und Getränke ins Krankenhaus gebracht, da es dort ja keinerlei Versorgung gibt. Sie hat ihre Bettwäsche natürlich auch selbst mitgebracht. Dort hat sie uns dann auch die Rezepte des Arztes in die Hand gedrückt und wir haben die Medikamente und Infusionen in der Apotheke im Erdgeschoß gekauft und zu Ihr gebracht.
    Spannend fand ich auch die Patientenakte! Und hier stimmt der Name noch! Eine dicke Akte mit handgeschriebenen oder mit der Schreibmaschine geschriebenen, wie soll ich sagen, Zetteln, die sie zu Untersuchungen und auch ins Krankenhaus mitgebracht hat.
    Ach ja, bevor man den Patientenbereich betreten konnte, musste man sich die "Grundausstattung" kaufen: Überschuhe und Mundschutz!


    Alles in Allem eine interessante Erfahrung!

  • Die Entwicklung der Infrastruktur wird also in der Stadt schon schlechter


    Richtig. Ist man aber nicht auf die freie Heilfürsorge angewiesen, fährt man in der Stadt eben einfach zu einer anderen Klinik. In ländlicher Umgebung kann das ein Problem sein.


    Wir haben auf der Krim in der Kleinstadt eine sehr rustikale Polyklinik. In der ca. 20km entfernten Kreisstadt sieht es auch nicht viel besser aus. Für eine deutliche Verbesserung muss man ins gut 60km entfernte Feodosia fahren oder besser gleich ins ca. 180km entfernte Simferopol. Das muss man im Notfall aber erst einmal schaffen. (Bis Feodosia habe ich schon über 2 Std. benötigt, da die Verkehrssituation auf der Ost/West Verbindung längere Zeit katastrophal war, aber auch bei normalen Verkehr ist das kein Katzensprung - Rettungshubschrauber: Fehlanzeige!) Im echten Notfall kann der Wohnort über Leben und Tod entscheiden.


    Gruß
    Siggi

  • Ach ja, bevor man den Patientenbereich betreten konnte, musste man sich die "Grundausstattung" kaufen: Überschuhe und Mundschutz!


    Na da hast Du aber eine mustergültige Erfahrung gemacht!


    Als ICH vor zwei Jahren in einer Provinzklinik im Oblast Zaporoschje lag, durfte mich unsere Katze besuchen. Auf die Frage meiner Holden an den Oberarzt, ob sie unsere Katze mit in die Klinik bringen könne antwortete dieser: "Nu schto, wenn's hilft gesund zu werden"... Am Folgetag schnüffelte unser Stubentieger durchs Zimmer und niemand störte sich daran. :D


    Ansonsten ist es genau so wie Du schreibst: Hat der Patient Schmerzen, dackelt der Besuch zur nahen Apotheke, um Analgetika zu holen. Gleiches mit Verbands- und anderem Verbrauchsmaterial. Verpflegung und Haustiere ;) sind selbst zu beschaffen.

    Tue nie altruistisch etwas Gutes, denn es wird doppelt und dreifach im Üblen vergolten.

  • Im echten Notfall kann der Wohnort über Leben und Tod entscheiden.


    Im echten Notfall ist es meist so, dass man am besten sich fahren lässt oder ein Taxi ruft. Auf den Krankenwagen würde ich mich nicht verlassen und freiwillig würde ich mich nicht damit transportieren lassen. Auch in der Stadt nicht!


    Die hygenischen Bedingungen in den meisten Krankenwagen sind jenseits jeglicher Vorstellungskraft.

  • Nicht nur im Krankenwagen.
    Mir haben Sie mal vor Jahren den Arm ohne Narkose genäht.
    Über die Hygiene brauchte man sich nicht unterhalten.
    Die Hauptsache ist aber das ja erstmal ein Arzt da ist.
    Das ist ja schonmal die halbe Miete.

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